Die 20er Jahre
Die 20er Jahre
Ich bin überglücklich! Denn ich hab einen Kosmetiktermin! Tussihaft, ja, aber mein persönlicher Schritt in die alte (!) Normalität. Es hat sich über die Lockdown-Zeit herausgestellt, dass ich süchtig bin! Nein, keine Drogen, kein Alkohol, keine Spielsucht! Wimpern!! Ich hab gedacht, ich muss warten bis Mitte Mai! Und dann die schönste Nachricht des Tages: „Möchtest du meine erste Kundin am 4. Mai um 9 Uhr früh sein?“ Jaaa, ich will!!!!
Endlich wieder ein bisschen Normalität, endlich irgendwas geplant, endlich steht zumindest EIN Termin im Kalender (na gut, zwei, denn einen Maniküre Termin hab ich auch schon, Juhu!). Denn mit der Planungssicherheit, die der Vizekogler den Veranstaltern von Events geben wollte ist es nicht weit her, jetzt sind schon Großevents im Oktober abgesagt… Auch die Gastronomie hat endlich ihre Auflagen bekommen, sie sind ähnlich praktisch durchdacht wie die der Künstler. Plexiglas ist das neue Bitcoin, überall soll Plexiglas aufgebaut werden. Hat da eigentlich irgendjemand von der Regierung Beziehungen? Zuerst haben wir in den Lokalen endlose Glaswände aufgezogen für die Raucherbereiche (wo ist das viele Glas eigentlich hin?) jetzt sind es Plexiglaswände.
Immerhin haben wir wieder ein Leckerli bekommen, weil wir wieder so gute Noten (äh, Zahlen) geliefert haben und Kosmetikstudios und andere Dienstleister dürfen jetzt doch schon ein bisschen früher öffnen. Wahnsinn, worüber ich mich schon freue! Weil der Mc Drive jetzt auch wieder offen hat, hab ich kurz überlegt, hin zu fahren, aber nur kurz (!)! Stau vor dem Mc Drive! Offenbar freuen sich alle auf kleinere Sünden!
Die Kulturszene ist immer noch beeindruckt von „der Luna“ (es gibt eine großartige Parodie von Christoph Grissemann), auch aus anderen Branchen sind die Auflagen oft undurchführbar, aber es ist auffallend: Wir Künstler sind nicht organisiert. Im TV sind dauernd „Sprecher“: der Sprecher der Nachtgastronomie, der Sprecher der Frisöre, sogar die Fitnessstudios sind vertreten, mir kommt vor es gibt auch noch „Sprecher“ für Linkshänder unter 1, 70 oder Männerhandtaschenträger mit Lockenmähne, nur wir Künstler haben keine Lobby. Nicht, dass ich das machen könnte, aber: Mag da niemand?
Verbote ohne sinnvolle Alternativlösungen und Maßnahmen, die wirtschaftlich nicht durchführbar sind, was wird das noch für Folgen haben? Ich muss an meinen Lieblingsfilm denken, „Manche mögen‘s heiß“, der damit beginnt, dass ein Kriminalpolizist einen Tipp bekommt, er geht daraufhin in ein Beerdigungsinstitut, dort sagt er das Codewort: „Ich komme zu Omas Beerdigung“, eine Schiebetür öffnet sich und dahinter ist ein Riesen-Club, in dem es hoch her geht. Der Film spielt in der Prohibitionszeit der USA, angeblich gab es damals allein in New York 30 000 solcher geheimer „Flüsterkneipen“. Und wann war das? In den 1920er-Jahren… die wilden Zwanzigerjahre…!
Rosa Grüße!
Eure Uli